Eine Rechnung bezahlen zu müssen, löst wohl generell selten Jubelstürme aus – egal ob im Privatleben oder im Unternehmensumfeld. Wenn die Eingangsrechnungsverarbeitung zudem mit schleppenden, fehleranfälligen und intransparenten Prozessen verbunden ist, wiegt der Fall doppelt schwer. Doch genau das ist in zahlreichen Firmen noch immer Alltag. Wie können Unternehmen und Organisationen diesen so zentralen Prozess automatisieren, verschlanken und damit zu einem Erfolgsmodell machen? Die Antwort ist: digital.
Kaum ein anderer klassischer Geschäftsprozess zeigt die Potenziale der Digitalisierung hinsichtlich Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung wohl so anschaulich wie die Eingangsrechnungsverarbeitung. Schließlich können Rechnungen auf Basis digitaler Lösungen heute voll automatisch ausgelesen, bearbeitet und am Ende auch archiviert werden. Kunden und Lieferanten können dadurch Zeit und Aufwand für die Bearbeitung erheblich reduzieren.
Dass E-Rechnungen branchenübergreifend auf dem Vormarsch sind, wundert daher nicht. Einer Marktstudie von Billentis zufolge fallen für die Bearbeitung von Papierrechnungen Kosten von 17,60 Euro pro Rechnung an. Das Beratungshaus hat zudem ermittelt, dass das E-Invoicing hingegen Potenzial für Kostensenkungen von bis zu 80 Prozent bietet. Gleichzeitig wird der Bearbeitungsprozess beschleunigt. Mit Automatisierungstechnologie, etwa im Rahmen der automatischen Dokumentenklassifizierung und Datenextraktion, verbunden mit der Prüfung beispielsweise von gesetzlichen Anforderungen oder auch rechnerischen Prüfungen, reduziert sich die Bearbeitungsdauer signifikant.
Digitalisierung des Rechnungseingangs: eine kleine Anleitung
Da ist die Frage berechtigt, warum immer noch viele Unternehmen bei ihren Rechnungsworkflows am Papier kleben, liegen die Vorteile digitalisierter Prozesse doch auf der Hand. Ein Hauptgrund ist offenbar, dass viele bisher nicht die passende Antwort auf die Frage der richtigen Herangehensweise finden. Wie fängt man an, was kommt zuerst? Bei der Digitalisierung gilt wie im Leben: Der erste Schritt ist immer der schwerste. Aus der eigenen Projekterfahrung heraus empfiehlt die Ceyoniq Technology folgendes Vorgehen:
Schritt 1: Entwicklung einer Prozesslandkarte
Am Anfang stehen die Definition von Zielen und die Erstellung eines ersten Zeitplans. Es folgt die Analyse der bestehenden Prozesse. Unternehmen, die ihre Eingangsrechnungsverarbeitung digitalisieren möchten, müssen sich folgende Fragen stellen:
- Wie viele Rechnungen gehen im Jahr/Monat im Unternehmen ein?
- Wie ist das Verhältnis zwischen Kosten- und Bestellrechnungen?
- Treffen Rechnungen im Unternehmen zentral oder dezentral ein?
- Empfangen verschiedene Mitarbeiter Rechnungen?
- Wie ist der Rechnungsfreigabeprozess heute abgebildet?
- Wie hoch ist der gewünschte Automatisierungsgrad?
Schritt 2: Analyse der Ist-Situation
Unternehmen müssen eine digitale Vision zur Optimierung der Eingangsrechnungsverarbeitung entwickeln und ausgehend von den formulierten Zielen konkrete Anforderungskriterien definieren. Ebenso muss geklärt werden, welche Personen und Bereiche involviert werden müssen und welche Ausbildung diese Mitarbeiter brauchen. Anschließend gilt es, ein Pilotumfeld festzulegen und mögliche Einstiegsbereiche zu definieren.
Schritt 3: Installation des Prototyps
Spätestens, wenn Unternehmen mit der Implementierung des Prototyps beginnen, ist es unerlässlich, die Mitarbeiter im Umgang mit der neuen Lösung proaktiv zu schulen. Sich auf die Intuition der Mitarbeiter beim Erlernen der Bedienung zu verlassen, genügt nicht. Schulungen bieten an dieser Stelle des Projektes zugleich eine gute Gelegenheit, abermals die digitale Vision des Unternehmens, die hinter dem konkreten Projekt steht, im persönlichen Gespräch nachhaltig zu verankern.
Schritt 4: Einführung der Lösung
Nach der Einführung einer digitalen Lösung für die Eingangsrechnungsverarbeitung sollten die Verantwortlichen zeitnah prüfen, inwiefern diese die ursprünglich formulierten Erwartungen erfüllt. Falls die Ziele noch nicht erreicht sind, müssen Korrekturen vorgenommen werden. Falls neue Anforderungen hinzukommen, sind Erweiterungen zu planen und umzusetzen.
Automatisch und digital in vier Schritten
Das Ergebnis ist ein automatisierter und digitalisierter Rechnungseingang. Vom Eingang über dem Erkennen und Erfassen der Beleginformationen bis hin zur Prüfung und Genehmigung und schlussendlichen Buchung im ERP-System, erfolgt der Prozess komplett digital und medienbruchfrei. Und nebenbei halten Unternehmen die Compliance ein.
Fazit
Zentrale Geschäftsprozesse wie die Eingangsrechnungsverarbeitung zu digitalisieren bedeutet, mehr als die Beschaffung einer neuen Software. Digitalisierung verändert das gesamte Unternehmen. Dieses begibt sich sozusagen auf eine Reise in Richtung der eigenen digitalen Vision. Wichtig ist es dabei, auf dem eingeschlagenen Weg jederzeit bereit zu sein, rechts oder links abzubiegen, um zu schauen, ob ein alternativer Pfad das Unternehmen schneller ans Ziel bringen kann. Agile Vorgehensmodelle sollten den Digitalisierungsprozess deshalb stets flankieren. Gepaart mit der richtigen Technologie ist Digitalisierung für jedes Unternehmen vorteilhaft – in den seltensten Fällen überwiegen am Ende Negativeffekte. Denn eines sollten Unternehmen immer im Hinterkopf haben: Digitalisierung bedeutet nicht nur eine digitale Abbildung des bestehenden Prozesses, sondern dessen Optimierung. Wie hat Bitkom-Präsident Thorsten Dirks es einst so treffend ausgedrückt: „Wenn sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiß digitalen Prozess.“ Und den braucht schließlich niemand. Und, schon digital?